Wie Blinde surfen

20090820_campus_accessibility

Gestern durfte ich dem extrem interessanten und unterhaltsamen Campus-Vortrag über Accessibility beiwohnen. Der Redner war René Jaun von der Stiftung Zugang für Alle.

Ein paar Highlights:

  • Mit Hochgeschwindigkeits-Sprachausgabe per Screenreader konnte René erstaunlich schnell durch sein System navigieren.
  • Bei Webseiten ging es unterschiedlich gut: Semantisch korrekt angewandtes HTML hilft dabei enorm. Der Screenreader hängt sich selbst direkt in den DOM-Tree der angzeigten Webseiten ein. Einfaches Springen von Header-Tag zu Header-Tag erleichtert die Navigation ungemein.
  • CSS und die damit eingehende Trennung von Layout und Inhalt macht den Sehbehinderten extrem Freude.
  • Konkreter Tipp: Bilder welche nur als Layout-Element benutzt werden, zwar mit einem alt-Tag versehen, diesen aber leer lassen: alt=““.
  • Kantone und Bund sind gesetzlich verpflichtet ihre Angebote möglichst zugänglich zu schaffen. Der Bund empfiehlt dabei einfach das Einhalten der WCAG-Richtlinien.
  • Private Unternehmen können mit zwei Argumenten zur Barrierefreiheit überzeugt werden: Soziale Verantwortung und Marktanteile. 15% der Schweizer Bevölkerung gilt als behindert. Dazu kommt ein immer grösser werdender Anteil von Senioren (Silver Surfers genannt), welche ebenfalls von Massnahmen der Accessibility profitieren.
  • Oder als Suchmaschinenoptimierung: Google ist auch blind.
  • PDFs und Flash-Inhalte können mit viel Aufwand zumindest unter Windows zugänglicher gestaltet werden. Unter Mac OS X und Linux ist Adobe noch nicht so weit.
  • Mac OS X wäre dafür als Betriebsystem ausgefeilter. Das iPhone ebenfalls: Als erste Handy kann es von Haus aus von Blinden benutzt werden und braucht kein kostenpflichtiges Firmwareupdate.
  • Blinde geben sich sehr kreativ: Sekundäre Datenkanäle werden entweder simpel (Brennt die Glühbirne? Einfach berühren…) oder mit Technologie gelöst (Brennt das Licht? Die Handykamera kann das feststellen…).

Der ganze Anlass stimmte mich hoffnungsvoll: Das Internet eröffnet Behinderten neue Welten welche ihnen in der Realität verschlossen bleiben würden. Wir Entwickler können mit sauber angewandten Standards diesen Zugang weiter vereinfachen.