Open WorkBox: Gefangen in der Öffentlichkeit

Da konnte ich doch nicht widerstehen: Die Swisscom bietet drei temporäre Arbeitsplätze in Schweizer Bahnhöfen gratis zum Testen an: Die Open WorkBox. Noch bis zum 25. März darf man diese überdimensionierte Telefonzelle für bis zu einer Stunde am Stück in Beschlag nehmen. Danach werden 14.- 28.- SFr. pro Stunde für die Benutzung fällig.

Open ist sie allerdings nicht: Ich muss mich zuerst über ein unsägliches Webinterface (Rooms Pro) registrieren und anmelden. Das ist derart umständlich gelöst, dass es sich nicht spontan machen lässt: Selbst mein Safari auf dem iPhone 4 kam kaum mit der Oberfläche zurecht. Eine frühzeitige Reservation an einem Desktop-PC ist fast unumgänglich und widerspricht etwas dem Prinzip des spontan nutzbaren Arbeitsplatzes.
Ich kämpfte mich darauf durch eine typische Businessapplikation: Überladen, unnötige Features, nicht funktionierende Karten, unnütze Informationen und schlussendlich konnte ich mich nicht einmal abmelden.

Wenige Minuten nach der Reservation wurde ich zugespammt: Jede Änderung an der eigenen Buchung provoziert eine Mail. Da ich zum Ausprobieren gleich zwei Buchungen hintereinander gemacht hatte (Und dabei die zweite fast nicht mehr annullieren konnte), bekam ich gleich den doppelten Abfallberg geliefert.

Ausgerüstet ist sie mit allem, was man so braucht: (Kabel-) Internet, Strom, Drucker, Ablagefläche und Heizung. Und 50824398 kleinen, von Hand ausgeschnittenen Papierschildern, welche die Benutzung der verschiedenen Knöpfe und Steckdosen erklären (Inkl. 2x Keine Funktion). Sogar eine Videokonferenzanlage wäre eingebaut, ist aber im Moment nur von beschränktem Nutzen: Sie ruft entweder eine Webcam in Oslo auf, oder eine der anderen Boxen. Mit mir wollte leider niemand sprechen.

Die ganze Idee ist zwar witzig, aber irgendwie fühle ich mich hier drinnen nicht wohl: Während ich diese Zeilen schreibe, ziehen Dutzende von Passanten gut hörbar an der Box vorbei. Gelegentlich klopft jemand an die kleinen Fenster oder versucht herein zu sehen. Trotz des Sichtschutzes fühle ich mich etwas exponiert. Die Box ist vom Platz her zwar grosszügig, aber ich mag mich doch nicht derart ausbreiten, wie ich das in einem Café oder in einer Bibliothek machen würde.

Billig wird es auch nicht sein: In einem Starbucks kriege ich zum Preis einer Stunde Open WorkBox mehr als eine heisse Schokolade. Hier drinnen fehlt die Kaffeemaschine. Und die Gemütlichkeit.

Und jetzt raus hier.

(Disclaimer: Nein, ich arbeite schon seit Jahren nicht mehr bei der Swisscom.)

Update: Wie heisst es so schön: Der erste Eindruck zählt. Die Swisscom hat soeben die Reservationsoberfläche stark überarbeitet. Sie sieht jetzt wesentlich benutzerfreundlicher aus. Dummerweise kommt die Revision zu spät: Ausgerechnet heute erscheint dieser Blogartikel mit der Kritik an der alten Oberfläche in der Berner Zeitung.

Update 2: Im November 2011 gibt die Swisscom bekannt, dass das Projekt trotz erfolgreichem Test, nicht weitergeführt wird.