Zukunft jetzt – Teil 2: Das GA

Leider ist die Karte ziemlich dumm: Ausser der Authentifizierung gegenüber Kontrolleuren bietet sie keine zusätzlichen Funktionen. Projekte zur Aufwertung als Kreditkarte, Ausweispapier oder drahtloses Zahlungsmittel scheinen seit Jahren zu stocken.

Dafür finde ich das transparente Design einfach unschlagbar. Es wirkt auf mich überraschend fortschrittlicher, als ich mich von der traditionsgebundenen SBB gewohnt bin.

SBB: Bitte, gern geschehen und danke

Ich sollte wirklich aufhören Benutzerkommentare von Zeitungsartikeln zu lesen. Was da rumgepoltert wird, ist einfach ungesund.

So zum Beispiel gesehen unter dem Bund-Artikel GA-Besitzer bringen der SBB zu wenig Geld: Wie immer wenn es um Bundesbetriebe geht, wird geflucht, verdonnert und radikale Verbesserungsvorschläge gemacht. Differenzierte Töne gehen völlig unter.

Ich möchte es hier trotzdem versuchen: Liebe SBB, herzlichen Dank für den tollen Service und für das Mitwirken an dem dichten ÖV-Netz in der Schweiz. Die Züge sind meistens sauber, Sitzplätze und Toiletten finde ich auch immer, und kleine Verspätungen sind mir doch egal. In den letzten 10 Jahren Zugfahren hatte ich vielleicht zwei oder drei Mal eine Verspätung über einer halben Stunde miterlebt. Das ist abolut verkraftbar.

Gerne subventionierte ich letztes Jahr euer Unternehmen mit einem Vollpreis-GA, welches ich kaum herausgefahren habe. Und ohne zu zögern habe ich mir letzte Woche wieder ein GA gegönnt. Auf ein weiteres Jahr zufriedener Zusammenarbeit!

Zu differenzieren muss ich hier einzig, dass ich kein Pendler mehr bin; ich brauche mich nicht in den 7-Uhr-Bern-Zürich-Zug zu zwängen. Und habe Mitleid mit jenen, die das jeden Morgen mitmachen müssen.

Verkehrstechnisch gibt es leider einen Effekt, welcher längerfristig das Problem von verstopften Verkehrswegen immer und immer wieder auftreten lässt. Egal wieviele Schienen und Strassen man baut, die Zeit, welche ein Pendler auf dem Arbeitsweg verbringt, bleibt konstant. Das heisst je schneller ein Pendler vorwärts kommt, desto weiter weg wohnt er von seiner Arbeitsstelle. Durch den Ausbau der Bahnstrecke Bern-Zürich und der Reduktion der Fahrzeit von früher 1:20 auf heute 0:55, wurden automatisch mehr Personen zum Pendeln animiert. Dasselbe im Strassenverkehr: Jede neue Umfahrung, jeder neue Tunnel, jede Spurverbreiterung macht die Strasse attraktiver und zieht damit mehr Verkehr an. Wir kommen dann in der gleichen Zeit weiter, aber wohnen auch weiter weg und das heisst: Mehr Verkehr, mehr Pendler, mehr Mobilität. Wir haben das Luxus-Problem dass Arbeits- und Wohnort immer weiter voneinander unabhängiger werden.

Ich kann mir kaum vorstellen wie sich unser Land verändern wird, wenn dereinst die Swissmetro gebaut wird.

Der GA-Lebensstil

Nach gut 10 Jahren kontinuierlichem Besitz eines SBB-Generalabonnementes stecke ich jetzt plötzlich fest. Da ich seit kurzem in der Stadt Bern lebe & arbeite und darüberhinaus alt genug bin um nicht mehr in den Genuss von Vergünstigungen zu kommen, konnte ich die 3000.- SFr. Ausgabe für ein weiteres Jahr gedankenloser Mobilität nicht rechtfertigen.

Einfach so schnell auf Lausanne, Zürich oder St. Gallen zu fahren wird zu einem Verwaltungsakt: Billetpreise vergleichen, Tageskarten zusammensuchen oder doch zusammenlegen und ein sich in den Individualverkehr einmieten? Jeder kleinste Bustrip muss mit eingerechnet werden und wehe man weicht vom ursprünglichen Reiseplan ab oder entwickelt so etwas wie Spontanität.

Natürlich werde ich schlussendlich tatsächlich Geld eingespart haben, auch wenn ich gleich oft in den Zug gestiegen bin wie letztes Jahr (Und anstelle dem Tram sportlich das Velo genommen habe). Aber das ewige Sich-Ums-Billet-Kümmern-Müssen erweckt doch einen Eindruck von eingeschränkt, das unbeschwerte Reisen ist vorüber.

Ich bin nicht länger Mitglied der GA-Clique und kann nicht länger verächtlich über die anderen, normalen Fahrgäste lästern.