Die parlamentarische Gruppe Digitale Nachhaltigkeit

Notizen zum Vortrag der parlamentarischen Gruppe für Digitale Nachhaltigkeit an der OpenExpo 2010, gehalten von deren Co-Präsidenten Edith Graf-Litscher (SP) und Christian Wasserfallen (FDP).

Laut einer Statistik (Deren Quelle ich mir leider nicht notiert habe Quelle), belegt die Schweiz im privaten Sektor weltweit den 9. Rang, was Open Source-Adaption angeht. Die Bundesverwaltung ihrerseits kommt aber nur auf Rang 34. Diese parlamentarische Gruppe ist von den Vorzügen von Open Source, Open Access, offene Standards etc. überzeugt und versucht das zu ändern. Bisher allerdings mit wenig Erfolg: Sämtliche ihrer Vorstösse wurden vom Bundesrat abgeschmettert und negativ beantwortet.

Ihr Ziel wäre es, bei Ausschreibungen den Punkt Open Source zu einem obligatorischen Zuschlagskriterium zu machen.

Wie schon bei den offenen Geodaten scheint sich auch hier bei den Kantonen mehr zu bewegen, als beim Bund.

Auf die Frage, wie stark die kommerziell orientiert IT-Lobby im Parlament tätig sei, antworteten sie eher verneinend: Lobbiert werde eher bei den Auftragsvergaben in der Verwaltung. Das Parlament kann diese sehr technisch geprägten Verhandlungen kaum nachvollziehen bzw. interessieren sich nicht dafür.

Oder übersetzt: Wir Informatiker sind am Fachsimpeln und langweilen damit den Rest der Welt zu Tode.

Offene Geodaten in der Schweiz

80% aller Verwaltungsentscheide des Bundes, der Kantone und Gemeinden sind in irgendeiner Form mit Geodaten verknüpft.

Diese Statistik kam in mehreren Vorträgen an der OpenExpo 2010 zum Thema Geodaten und Nachhaltigkeit vor. Hans-Jörg Stark der Fachhochschule Nordwestschweiz setzt sich für eine Demokratisierung der Daten ein: Sie seien eine wichtige ökonomische Ressource, aber noch zu sehr in der Hand von Experten. Hoffnung sieht er in Projekten wie der Open Street Map oder seinem Open Addresses. Schlagworte dafür sind die Volunteered Geographic Information und das Prinzip Citizens as Sensors.

Freie Initiativen wird stark geholfen, wenn Grundlagendaten wie Satellitenfotografien und Kartenmaterial bereits zur Verfügung stehen. Der grösste Anbieter solcher Daten in der Schweiz ist das Bundesamt für Landestopografie swisstopo. Hans Ulrich Wiedmer, seines Zeichens verantwortlich für die Webdienste bei swisstopo, berichtet dabei vom alten Dilemma: Das Bundesamt ist sich bewusst, dass diese Daten zugleich wertvoll wie auch bereits via Steuern bezahlt sind. Dennoch dürfen sie auf Geheiss des Bundesrates sie nicht gratis herausrücken. Die jährlichen Kosten würden sich auf 50 Millionen Franken belaufen.

Aktuell läuft eine Studie, welche eventuell im Jahr 2011 eine Gesetzesrevision bringen wird, welche diese Situation ändert. Inspiration dazu ist die völlige Freigabe der britischen Daten, des sogennanten Ordonance Survey, wie es im Moment in England passiert.

Ganz uneingennütz ist diese Entwicklung von Seiten swisstopo nicht: Offenbar kann sie im Moment ihre Ertragsziele nicht einhalten. Und die ökonomischen Prognosen sind schlecht.

Währenddem der Bund zaudert, machen die Kantone vorwärts, allen voran Solothurn. Horst Düster vom kantonalen Amt SO!GIS berichtet, wie das Parlament 2008 sämtliche Geodaten des Kantons unter Einhaltung des Datenschutzes veröffentlicht hat. Die Argumentation: Diese Daten sind zur Optimierung von Verwaltungsaufgaben geschaffen worden und haben sich damit bereits amortisiert. Es gibt keinen Grund, sie den eigentlichen Besitzern, also den Bürgern, vorzuenthalten. Einen Verkauf derartiger Daten bezeichnete er scherzhaft als Staatsverrat. Und verwies stolz auf 120’000 Datenbezüge in den letzten zwei Jahren. Unter anderem setzen sowohl Open Street Maps als auch Google Maps diese ein.

Der Kanton Basel-Land soll demnächst dem Beispiel von Solothurn folgen.

Fazit: Die Entwicklung verläuft positiv, aber auf Bundesebene ist noch Geduld gefordert.

Die Domaine Public

Notizen zum Vortrag von Wolf Ludwig an der OpenExpo2010:

Grundsätzlich wird unterschieden zwischen Erzeugnissen aus öffentlich-rechtlichen Institutionen und aus privaten Institutionen. Die Communia (EU, in der Schweiz ist primär die Digitale Allmend aktiv) fordert, dass Erstere verpflichtet werden, all ihre Erzeugnisse unentgeltlich der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird. Das grosse Vorbild ist im Moment die britische BBC mit ihrer Open Archive License.

Im privaten Sektor sind ebenfalls Veränderungen wünschenswert: Das aktuelle Urheberrecht stammt aus 1886 und schützt die Werke von Personen, welche längst verstorben sind. Solche Sperrrechte nützen nur noch Verwertungsgesellschaften. Nach Ludwig entspricht dies nicht mehr dem Grundgedanken, dass eine faire Entschädigung nur dem Kulturschaffenden selber zusteht.

Veranstaltungshinweis: OpenExpo Bern

Kommenden Mittwoch/Donnerstag (24./25. März 2010) ist es wieder soweit: Im Rahmen der Softwaremesse Topsoft (Schwerpunkt: Gähnen), findet dieses Jahr wieder die OpenExpo statt.

Besonders interessant finde ich die Vorträge zu Geodaten am Mittwoch Nachmittag. Inbesondere möchte ich hören, was die Swisstopo zu freien Geodaten zu erzählen hat.

Der Eintritt ist wie immer frei, Tickets können online generiert und ausgedruckt werden.

Zufälliger Link zu diesem Thema: Strassenkarten als Ohrringe. Wunderschön.